Propstei Sankt Gerold

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Die Propstei Sankt Gerold befindet sich im w:Großes Walsertal in der Gemeinde Sankt Gerold, Bezirk Bludenz, Vorarlberg. Es handelt sich um eine frühere Propstei der Benediktinerabtei Einsiedeln (heute in der Schweiz). Gegründet der Legende nach im 10. Jahrhundert, war sie bis 1958 (mit Unterbrechungen) ein Kloster. Seit 1958 wird sie als kirchliche Begegnungs- und Bildungsstätte genutzt.

Geschichte

Anfänge unter der Familie Thumb von Neuburg bis 1313

Um 1220/27 wird eine klösterliche Niederlassung in "Friesen" ("Friesun")[A 1] erstmals urkundlich in der Gütergeschichte des damaligen Reichstiftes Weißenau (heute Teil von Ravensburg) erwähnt, was vielleicht ein Hinweis dafür ist, dass sich die Propstei damals oder früher im Besitz dieses Klosters befunden hat.[1] Als ihr Propst ist in dieser Gütergeschichte ein Mitglied der Adelsfamilie Thumb von Neuburg (Friedrich Thumb von Neuburg) angeführt, der mit seinem Bruder Albert und dessen Familie, darunter die Ehefrau und die Söhne Heinrich, Eberhard und Ulrich zu dieser Zeit in "Friesen" residierte, wo es gemäss Eintrag auch eine kleine "Schule" gegeben haben muss.[1] Die Familie Thumb von Neuburg gilt auch als Stifterfamilie der klösterlichen Niederlassung[2]. Während der Neuburger Fehde, die Graf Rudolf III. von Montfort-Feldkirch mit Unterstützung der Grafen Hugo V. von Montfort-Bregenz und Hugo IV. von Werdenberg-Heiligenberg 1311 gegen die Freiherren Thumb von Neuburg führte, wurde der Besitz von diesen in Sankt Gerold und auch die Propstei geschädigt.[3] [A 2] Noch 1343 nimmt Schwigger Thumb von Neuenburg den Abt von Sankt Gerold "in seinen Schirm.[2] 1349 wurde die Propstei nach dem Heiligen Gero benannt.[4] Die Familie Thumb von Neuburg war es wohl, die ihre Propstei im 13. Jahrhundert der Benediktinerabtei Einsiedeln unterstellte, für die wiederum Beziehungen zum Reichsstift Weißenau belegt sind.[5] 1285-1290 ist mit Pater Bertold von Matzingen der erste Propst in St. Gerold nachgewiesen, der aus dem Kloster Einsiedeln stammte.[1]

1313

In einer Urkunde vom 22. April 1313 sind die Kirche und eine Kapelle der Propstei, die dem Märtyrer Antonin geweiht ist (heute: die Gnadenkapelle), erstmals schriftlich belegt.

Um 1317 kauft der Propst Otto von Schwanden einen Weingarten am Berg zu Zitz in Bludesch. Am 9. Jänner 1334 ist mit Swigger Thumb von Neuburg der erste namentlich genannte Inhaber der Vogtei von "Friesen" urkundlich überliefert. Am 29. November 1340 findet sich die erste urkundliche Bezeichnung St. Gerold für die Propstei. 1359 wird der Heilige Gero erstmals urkundlich als Patron der Propsteikirche genannt.

1340 erwirbt Abt Konrad II. von Einsiedeln von Hugo Thumb von Neuburg das Mitwirkungsrecht bei der Besetzung der Pfarrstelle in Schnifis, das wohl an ein Grundstück gebunden war. 1365 muss Hugo Thumb von Neuburg die Vogtei über die Propstei St. Gerold an den Grafen Rudolf III. von Montfort zu Feldkirch abtreten.[1]

Die Gebeine des Heiligen Gero waren nach dessen Tod im Kloster Einsiedeln beigesetzt worden. Am 19. April 1663 (dem Tag seiner Verehrung) wurden sie seine Gebeine Geros in diese Propstei überführt und in einem Kastengrab in der Unterkirche der Propstei-Pfarrkirche beigesetzt.[4] 1964 wurden sie zusammen mit einem Konrad in der restaurierten Krypta der Klosterkirche feierlich in einem Steinsarg beigesetzt. 1974 wurde unterhalb des Klosters sein ursprüngliches Grab und die Fundamente einer Kapelle (genannt "Geroldsruh") im Wald am Rande eines Bachtobels ausgegraben.[6]

1806 wurde die Propstei zunächst aufgelöst, 1840 vom Kloster Einsiedeln zurückgekauft.[4]

Der Heilige Gero - Fakten und Legende

Der Heilige

Die Propstei wurde 1349 nach dem Heiligen Gero (oder Gerold) (* um 900, in Sachsen oder Rätien; † vermutlich am 10. April 978, in "Friesun" / heute: St. Gerold bei Bludenz[4]) benannt. Dieser dürfte mit dem Adligen Adam aus Rätien ident sein, der 949 vom späteren Kaiser Otto I. (Otto dem Großen begnadigt wurde.[4]

Der Legende nach war der Heilige Gero[A 3] einst ein Herzog von Sachsen, der um 960 seinem ältesten Sohn Heinrich die Herrschaft überließ, um ein gottgefälliges Leben in der Abgeschiedenheit führen zu können.[A 4] In Begleitung eines Esels machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Ort für dieses Leben. Sein Weg führte ihn über Bregenz und Feldkirch in die damalige Einöde des Walgau und Friesentals (heute: das Große Walsertal), wo sich der Esel unter einer großen Eiche niederlegte und nicht mehr weiterziehen wollte. Daraufhin wählte Gero diese Stelle für die Errichtung seiner Einsiedelei.[7] Beim Bau seiner Zelle half ihm aus Dankbarkeit ein Bär, den er vor einem Jäger des im Walgau ansässigen Grafen Otto von Jagdberg gerettet hatte.[7] [A 5].

Als Graf Otto und seine Frau Benedicta von diesem Wunder mit dem Bären erfuhren, suchten sie den Einsiedler auf und, beeindruckt von seinem Wirken, schenkte sie ihm das umliegende Land, ließen es roden und bebauen und unterstützten ebenfalls den Bau seiner Zelle und einer Kapelle.[7] Durch Predigt, Versorgung und Wundertaten unterstützte Gero die Menschen im Walgau[4] bzw. förderte dort die Missionierung. Einige Zeit später schlossen sich ihm seine (jüngeren) Söhne Udalrich (Ulrich von Einsiedeln) und Cono (Camo, auch Kuno) an, die gemeinsam mit ihm später als Selige verehrt wurden.[4]

Der Überlieferung nach soll Gero eines "sanften" und "seligen" Todes gestorben sein. Das Loch in seiner Kopfreliquie lässt allerdings vermuten, dass Gero einen gewaltsamen Tod fand. Vielleicht wurde er bei einen Überfall getötet, als Räuber sich seinen Besitz zu eigen machen wollten.[4] Um 970 soll Gero diesen dem Kloster Einsiedeln geschenkt haben, in dem er zunächst auch beigesetzt war und das der Legende daraufhin in "Friesun" einen Gutsbetrieb mit Leibeigenen errichtete, aus dem die die Propstei entstand.[4]

Adam aus Rätien

Adam aus Rätien, der mit dem Heiligen Gero identisch sein dürfte oder zumindest als dessen Vorbild gilt, war ein im Walgau begüterter Adliger, der wegen eines Aufstandes gegen Otto I. von diesem geächtet wurde. Nach einer Urkunde des Klosters Einsiedeln vom 1. Jänner 949 begnadigte ihn dieser, nachdem sich sein Sohn und der Abt von Einsiedeln für ihn verwendeten. Danach erhielt Adam auch seine beschlagnahmten Güter, Lehen und Kirchenzehnten (Schnifis, Schlins, Meile, Nüziders, Zitz) zurück. Ein weiterer Adam, derselbe oder vielleicht ein Verwandter, ist im Rätischen Reichsurbar als Inhaber von Reichslehen und Kirchenzehnten in Thüringen und Ludesch überliefert.[8] Der historische Adam von Rätien dürfte ein Nachfahre der Karolinger und Verwandter der Ottonen und der Konradiner gewesen sein, die später Markgrafen von Rätien und Herzögen von Schwaben waren. Nicht ausgzuschließen ist allerdings auch, dass in der Figur des Heiligen Geros mehrere Personen verschmolzen sind.[9]

Literatur

  • Alois Niederstätter: Vorarlberg im Mittelalter (= ders.: Geschichte Vorarlbegs, Bd. 1). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2014

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Geschichte
  2. 2,0 2,1 vgl. St. Gerold, S. 6
  3. vgl. Alois Niederstätter: Vorarlberg im Mittelalter, 2014, S. 169
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 vgl. Hl. Gerold)
  5. vgl. Alois Niederstätter: Vorarlberg im Mittelalter, 2014, S. 168
  6. vgl. St. Gerold, S. 2
  7. 7,0 7,1 7,2 vgl. Die Geroldslegende
  8. vgl. vgl. St. Gerold, S. 3
  9. vgl. vgl. St. Gerold, S. 4ff.

Anmerkungen

  1. Die Bezeichnung Friesen oder Friesental findet sich bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts für das Große Walsertal. Bis 1340 war sie auch für die spätere Propstei Sankt Gerold üblich.
  2. Bei der Neuburger Fehde zwischen dem Grafen von Montfort zu Feldkirch und den Reichsrittern Thumb von Neuburg im Jahr 1311 dürfte es auch das Vogtei-Recht für die Propstei Sankt Gerold gegangen sein. Dass dabei die Kirche und ds Propsteigebäude gebrandschatzt wurden, dürfte der Grund sein, warum aus der Zeit vor 1411 keine Akten zur Prosteigeschichte erhalten sind, vgl. Geschichte
  3. Streng genommen ist der Heilige Gerold kein Heiliger, sondern wurde nur als solcher nach seinem Tod verehrt, da er nie vom Heiligen Stuhl nach kanonischem Recht heilig gesprochen wurden, vgl. St. Gerold, S. 2
  4. Nach anderen Versionen wird sein Rückzug aus der Welt nach einem ruhmreichen Leben damit motiviert, dass er so für Frevel und Sünde büssen wollte, vgl. St. Gerold, S. 2
  5. Auf den Bären und den Esel bezieht sich auch die bildnerische Darstellung des Heiligen, die ihn betend neben einem hohlen Baum zeigt, gewöhnlich mit dem Bär oder diesem und dem Esel. In manchen Versionen hilft ihm der Bär jedoch nicht aus Dankbarkeit, sondern er muss dem Heiligen Gero zu Diensten sein, als Strafe dafür, weil er ihm zuvor dessen Esel getöet hat. Diese Motiv-Variante hat der Schriftsteller Wilhelm Busch in seinen Gedichtzyklus auf seine Figur des Heiligen Antonius übertragen.
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