Regiowiki:Löschkandidat/Julian Hessenthaler

Aus Regiowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wikipedia:Löschregeln Diese Projektseite wurde zur Löschung vorgeschlagen.

Zur Löschdiskussion

Vorlage:Löschantragstext/August


Dieser Artikel wurde auf Grund eines Löschantrages in der Wikipedia hierher transferiert. Beim Löschen dieses Artikels in der Wikipedia wird dieser Artikel hier im Regiowiki erhalten, bei bleiben in der Wikipedia wird in der Regel dieser Artikel hier im Regiowiki wieder gelöscht.
Julian Hessenthaler sitzend, als Interview Partner
Julian Hessenthaler (2023)

Julian Hessenthaler (* 15. November 1980[1] in Wien[2]) ist ein österreichischer Staatsbürger, der durch die Organisation des Videos bekannt wurde, das die Ibiza-Affäre auslöste. Die Affäre führte im Mai 2019 zum Bruch der österreichischen Bundesregierung.

Leben

Hessenthaler besuchte ein Gymnasium bis zur letzten Klassenstufe, legte jedoch die Matura nicht ab. Anschließend nahm er Gelegenheitsjobs in der Gastronomie wahr. Später war er als Sicherheitsberater tätig. 2015 gründete er eine eigene Sicherheitsberatungsfirma in München.[3] Seit 2023 ist er für eine Immobilientreuhänderin tätig.[4]

Ibiza-Affäre

Die Ibiza-Affäre führte im Mai 2019 zum Bruch der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ. Auslöser der Affäre war die Veröffentlichung eines von Hessenthaler produzierten Videos in den deutschen Online-Medien Süddeutsche.de und Spiegel Online. Das Video enthüllt heimlich aufgenommene Szenen der FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Die im Juli 2017, wenige Monate vor der Nationalratswahl, gedrehten Aufnahmen dokumentieren ein Treffen der zwei Politiker mit einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza. Darin zeigen beide ihre Bereitschaft zur Korruption, Umgehung der Gesetze zur Parteienfinanzierung sowie zur verdeckten Übernahme der Kontrolle über parteiunabhängige Medien.

Strafverfahren

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos am 17. Mai 2019 hielt sich Hessenthaler im oberbayerischen Murnau am Staffelsee auf.[4] Am 10. Dezember 2020 wurde er als mutmaßlicher Drahtzieher des Videos in Berlin festgenommen, nachdem er ein Jahr lang untergetaucht war. Die österreichische Justiz legte ihm illegale Herstellung von Ton- und Filmaufnahmen sowie Kokainhandel zur Last.[5] Hessenthaler war bereits wegen Kokain-Besitzes vorbestraft. Seine Verhaftung ordnete das Amtsgericht Tiergarten jedoch nicht wegen des Vorwurfs der Herstellung oder Verbreitung des Videos an, da dieses nach spanischem Recht nicht illegal war, sondern lediglich wegen der Vorwürfe des Drogenhandels und der (versuchten) Erpressung von Strache mit dem Video.[6] Am 2. März 2021 entschied das Kammergericht Berlin, dass er nach Österreich ausgeliefert werden darf, und Hessenthaler wurde am 9. März 2021 an das Landesgericht für Strafsachen Wien überstellt[7][8], nachdem er am 5. März 2021 noch vor dem „Wirecard“-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages als Zeuge ausgesagt hatte[9].

Vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Nationalrats sagt Hessenthaler am 8. April 2021 aus, dass er die Videoaufnahmen gemacht habe, da die Vorwürfe und eine Anzeige des ehemaligen Leibwächters von Strache, Ribarich, nicht zu Ermittlungen geführt hätten. Staatliche Stellen hätten „bewusst weggesehen“. Hessenthaler habe „für eine bildlich-objektive und unwiderlegliche Dokumentation“ sorgen wollen. Er selber habe das Video nicht verkauft und nicht versucht, jemanden zu erpressen.[10]

In einem Interview mit Tilo Jung im April 2023 sagte Hessenthaler, er habe nach Vermittlung des Journalisten Jean Peters Jan Böhmermann das Video angeboten, dieser habe abgelehnt.[11] Böhmermann habe dabei eine Verschwiegenheitsgarantie abgegeben. Böhmermann spielte jedoch bereits vor Bekanntwerden der Affäre öffentlich bei einer Romy-Gala auf den Inhalt des Videos an.[12] Nach den Anspielungen von Böhmermann sei die Lage für die Drahtzieher außer Kontrolle geraten und Hessenthaler daraufhin aus Österreich geflüchtet.[13] Verschiedene Medien kritisierten Böhmermanns Verhalten als einen Verstoß gegen den Pressekodex. Durch Missachtung des Quellenschutzes habe er Hessenthaler in Gefahr gebracht.[14]

Gegen Hessenthaler wurde ab 8. September 2021 am Landesgericht St. Pölten die Hauptverhandlung im Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachts des Drogenhandels geführt, weil er in drei Orten (in Salzburg und Nieder- und Oberösterreich) mehr als 1 kg Kokain weitergegeben haben soll. Weiters soll er sich am 7. Mai 2019 mit einem gefälschten slowenischen Kfz-Führerschein ausgewiesen und ebenfalls gefälschte slowenische Dokumente (Führerschein und Personalausweis) lautend auf den Namen einer Bekannten weitergegeben haben. Ab März 2021 befand er sich in Untersuchungshaft.[15]

Hessenthaler bestritt die Vorwürfe laut Verteidiger Oliver Scherbaum, der vor Prozessbeginn sagte: „Nach dem Verfahren wissen wir, ob es in Österreich möglich ist, Aufdecker von Korruption in der Politik mit konstruierten Anschuldigungen aus dem Verkehr zu ziehen.“[16] Auch Amnesty international Österreich,[17] der Verein epicenter.works[18] und weitere Menschenrechtsorganisationen äußerten Bedenken zum Fall.[19]

Am 30. März 2022 wurde Hessenthaler zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, obwohl nie bei ihm Drogen gefunden wurden, sondern lediglich auf der Grundlage widersprüchlicher Zeugenaussagen. Kritisiert wurden auch die vorherigen Ermittlungen vor allem dafür, dass die meisten Soko-Ermittler gegen Hessenthaler anstatt gegen Strache ermittelten. Dabei beantragte die Staatsanwaltschaft Wien unter anderem auch eine Funkzellenüberwachung der Kanzlei seines Anwalts Johannes Eisenberg in Berlin, welche von der deutschen Polizei durchgeführt wurde.[20][21] Amnesty International Österreich und epicenter.works kritisierten das Urteil scharf und befürchteten „Einschüchterungsversuche und abschreckenden Effekt“ auf zukünftige Whistleblower.[22] Hessenthalers Anwalt kündigte Nichtigkeitsbeschwerde an.[15] Diese wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.[23] Anschließend zog Hessenthaler vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.[24]

Ende März 2023 wurde Hessenthaler aus dem Gefängnis entlassen, seit dem 7. April 2023 trägt er auch keine elektronische Fußfessel mehr.[25]

Trivia

2021 wurde Die Ibiza Affäre als vierteiliger Politthriller von Sky verfilmt. Hessenthaler wurde dabei von Nicholas Ofczarek dargestellt.[26]

Einzelnachweise

  1. Julian Hessenthaler: Der Mann hinter dem Video der Ibiza-Affäre. In: correctiv.org. 16. April 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  2. Wolfgang Rössler: Julian Hessenthaler: Der Drahtzieher des Ibiza-Videos vor Gericht. In: nzz.ch. 19. März 2022, abgerufen am 8. August 2023.
  3. Ibiza-Affäre: Der Macher des Videos Julian Hessenthaler - Jung & Naiv: Folge 638 auf YouTube
  4. 4,0 4,1 Ibiza-Video-Macher tauchte am Staffelsee unter. In: merkur.de. 26. Mai 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  5. Mutmaßlicher Drahtzieher des Ibiza-Videos in Berlin festgenommen. In: Der Tagesspiegel. 11. Dezember 2020, abgerufen am 9. März 2021.
  6. Presseerklärung seines Verteidigers vom 14. Dezember 2020; dies schlösse es – sofern er nicht zustimmt – aus, dass ihm zur Videoherstellung oder -verbreitung der Prozess gemacht wird.
  7. tagesschau.de: „Ibiza-Video“: Mutmaßlicher Drahtzieher wird ausgeliefert. Abgerufen am 3. März 2021.
  8. „Ibiza“-Drahtzieher Julian H. nach Österreich ausgeliefert. In: orf.at. 9. März 2021, abgerufen am 9. März 2021.
  9. Deutscher Bundestag: Zeuge schildert Wirecards Rolle in Wiener Politszene.
  10. Kommuniqué des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP), Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Julian Hessenthaler in der 43. Sitzung vom 8. April 2021
  11. Böhmermann und der Quellenschutz. In: correctiv.org. 9. Mai 2023, abgerufen am 17. Mai 2023 (de-de).
  12. Stefan Binder: Deutscher Satiriker Böhmermann sprach bereits im April über „Oligarchenvilla auf Ibiza“. In: Der Standard (Online). 17. Mai 2019, abgerufen am 25. Mai 2019.
  13. Wegen Böhmermann musste "Ibiza-Detektiv" Hessenthaler fliehen, puls4.at, 26. April 2023, abgerufen am 26. April 2023.
  14. Matthias Schwarzer: Jan Böhmermann und die „Ibiza“-Affäre - eine Pointe zu viel? Abgerufen am 12. Mai 2023 (deutsch).
  15. 15,0 15,1 Sebastian Fellner: Dreieinhalb Jahre Haft wegen Kokainhandels für „Ibiza-Detektiv“ Hessenthaler. In: derstandard.at. 30. März 2022, abgerufen am 8. August 2023.
  16. Drogen-Prozess gegen "Ibiza"-Detektiv orf.at, 8. September 2021, abgerufen am 8. September 2021.
  17. Julian H.: Strafverfolgung darf nicht zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führen. Amnesty International Österreich, abgerufen am 26. Februar 2022 (deutsch).
  18. Abschreckendes Beispiel Julian H.: Strafverfolgung darf nicht zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führen. epicenter.works, 7. September 2021, abgerufen am 26. Februar 2022 (deutsch).
  19. tagesschau.de: "Ibiza"-Aufklärer vor Gericht: Prozess mit vielen Fragezeichen. Abgerufen am 26. Februar 2022 (deutsch).
  20. Vorwürfe gegen Österreichs Justiz. In: taz.de. 17. April 2023, abgerufen am 22. April 2023.
  21. Anna Biselli: Überwachte G’schicht: Funkzellenabfragen rund um Kanzlei des Ibiza-Video-Anwalts. In: netzpolitik.org. 18. April 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  22. Schuldspruch für Julian H.: Urteil gegen die Meinungsfreiheit in Österreich. 30. März 2022, abgerufen am 30. März 2022 (deutsch).
  23. Oberster Gerichtshof wies Nichtigkeitsbeschwerde von Julian Hessenthaler zurück. In: derstandard.de. 18. Oktober 2022, abgerufen am 8. August 2023.
  24. Ibiza-Detektiv klagt beim Menschenrechts-Gerichtshof. In: kurier.at. 19. Mai 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  25. "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler inszeniert sich im Theater als Volksheld - #557 - FALTER.at. Abgerufen am 25. April 2023.
  26. Lust und Ofczarek in Serie „Ibiza Affäre“. In: ORF.at. 22. April 2021, abgerufen am 22. April 2021.