Melitta Urbancic

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Melitta Urbancic (geborene Grünbaum, * 21. Februar 1902 in Wien; † 17. Februar 1984 in Reyklavik in Island) war Lyrikerin, Schauspielerin und Bildhauerin.

Leben

Melitta Grünbaum stammt aus einer bürgerlichen, jüdischen Familie und war die zweite von drei Töchtern des Rechtsanwalts Alfred Grünbaum und seiner Frau Ilma, geborene Mauthner. Die Familie wohnte in der Elisabethstraße in Wien, Innere Stadt, sowie in Purkersdorf. Sie besuchte das Reformrealgymnasium Luithlen, wo sie auch maturierte. Sie wurde von ihrer Deutschlehrerin Martha Fabian in ihrem dichterischen Talent unterstützt. Ihr Vorbild war bereits in jungen Jahren der Dichter Rainer Maria Rilke.

Anschließend studierte sie an der Universität Wien in den Jahren von 1922 bis 1925 Anglistik, Germanistik und Philosophie. Daneben nahm sie auch heimlich Schauspielunterricht bei Max Reinhardt. Gegen den Willen des Vaters studierte sie anschließend bei Karl Jaspers und Friedrich Gundolf im deutschen Heidelberg. Mit einer sprachwissenschaftlichen Dissertation mit dem Titel „Der fünffüssige Jambus bei Grabbe“ schloss sie 1928 ihr Studium in Heidelberg ab. Nach ihrem Studium hatte sie Schauspielengagements in Baden-Baden und Koblenz unter ihrem Bühnennamen Dr. Melitta Makarska.

Schon während ihres Studiums in Wien lernte sie ihren späteren Mann Victor Urbancic kennen. Der Dirigent, Komponist und Pianist war der Enkel des Otologen Viktor Urbantschitsch. Sie heiratete ihn im Jahr 1930 und folgte ihm nach Mainz, wo er seit 1926 als Solorepetitor engagiert war. Ab 1930 war er auch als Opernkapellmeister und an der städtischen Musikhochschule tätig. 1931 kam ihr Sohn Peter in Wien, ein Jahr später die Tochter Ruth in Mainz zur Welt.

Im Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde der Arbeitsvertrag als Hochschullhrer ihres Mannes, mit der Begründung, mit einer Jüdin verheiratet zu sein, sofort gelöst. So kehrten sie umgehend nach Wien zurück. Nach einem kurzen Engagement in Belgrad fand ihr Mann in Graz sowohl am Konservatorium und an der Universität als auch an der Oper eine Anstellung.

Nach der mündlichen Überlieferung ihrer zweiten Tochter, die Musikerin, Feldenkrais-Pädagogin und Übersetzerin Sibyl Urbancic, die 1937 in Graz zur welt kam, dürfte Melitta Urbancic in dieser Zeit im Salzkammergut vom deutschen Zoologen Karl von Frisch die Bienenzucht erlernt haben. In Brunnwinkl, einem Ort von St. Gilgen verbrachte dieser seine Jugend und erkundete erstmals Flora und Fauna. Auch Melitta war sehr Naturverbunden. So wurde von ihr erzählt, dass sie durch eine beobachtete Misshandlung eines Pferdes duch den Kutscher zur Vegetarierin wurde. Zu der Zeit, als Sibyl auf die Welt kam, hielt ihre Mutter ihre ersten eigenen Bienen im Grazer Garten. Ihr Motto:

„Sie kennen mich. Sie stechen mich nicht. Wenn ich mich gegen sie anziehe, dann betrachten sie mich als Feind“

Melitta Urbancic

Dies war auch der Grund, warum sie niemals Maske oder Handschuhe bei der Arbeit mit den Bienen trug

Mit dem Anschluss im Jahr 1938 änderte sich das Leben der Familie dramatisch. Ihr Vater Alfred Grünbaum starb kurz nach dem Einmarsch. Um die Familie nicht in Gefahr zu bringen, konvertierte sie kurz danach zum Katholizismus, der Religion, der ihr Mann angehörte, nachdem ihm eine Scheidung nahegelegt, von ihm aber abgelehnt wurde.

Er bemühte sich in der Schweiz oder in den USA eine Beschäftigung zu erlangen. Schließlich gelang ihm ein Stellentausch mit einem früheren Studienkollegen Franz Mixa in Reyjkavik und er reiste im August 1938 vorerst allein nach Island, um die Familie nachzuholen.

Melitta versuchte noch trotz Verhöre durch die Gestapo in Wien ihre Mutter mitzunehmen, die sich aber weigerte. Ilma Grünbaum wurde deportiert und starb im Jänner 1943 im Ghetto Theresienstadt.

Melitta Urbancic folgte ihrem Mann nur einen Monat später mit ihren drei kleinen Kindern. Sie verließ nach einem Verhör durch die Gestapo ihre Wohnung in Graz und fuhr umgehend nach Wien zu ihrer Mutter. Dort gelang es ihr nicht, diese zum Mitzukommen zu überreden. Spätere Versuche, sie nach Island nachzuholen, scheiterten an den dänisch-isländischen Behörden. Ilma Grünbaum wurde deportiert und starb im Jänner 1943 im Ghetto Theresienstadt.

Melitta gelang aber mit ihren Kindern die Flucht nach Island zu ihrem Gatten mit nur wenig im Gepäck. Für sie war dieses dünn besiedelte Land aber, das in der damaligen Zeit noch sehr patriachalisch aufgebaut war und auch in der Musikkultur und auch im Theaterleben nicht den in Mitteleuropa vorherrschenden Standard aufwies, ein Kulturschock. Auch der Sprache war sie nicht mächtig.

So wurde für die Philosphin Kairos zum Schlüssel zum Überleben. Sie glaubte nicht an die Vergänglichkeit des Lebens, sondern an dessen Dauer. Sie verfasste zahlreiche Gedichte, die auch vereinzelt schon zu Lebzeiten von Urbancic erschienen. Sie hatte auch Schriftverkehr als überzeugte Sozialdemokratin unter anderem mit Bruno Kreisky und Christian Broda.

Kurz nach dem Zweiter Weltkrieg bekam das Ehepaar noch eine Tochter, Eiríka. Zusätzlich wurde sie Anfang der 1950er Jahre zur Bienepionierin. Die Isländer kannten die Bienen kaum. Es wurden zwar versuchsweise schon 1935 versucht Bienen zu züchten, das Volk überlebte jedoch den folgenden Winter nicht. Ihr gelang es jedoch Völker, die sie zuerst aus Schottland bezog, in ihrem Garten am Stadtrand der Hauptstand zu erhalten. Es galt auch den Isländern die Angst vor diesen Insekten zu nehmen. Geräte für die Imkerei musste sie aus dem Ausland beziehen. Sie gab ihr Wissen laufend an andere weiter, um so die Bienenzucht auf breitere Beine zu stellen. Sie wollte auf diese Weise ihre Dankbarkeit an Island zeigen.

Sie starb 1984 in Reyklavik. Begraben wurde sie jedoch in Purkersorf, wo sie ihre Kindheit verbrachte.

Erwähnenswert ist auch, dass ihr Vorname Melitta auf Altgriechisch Biene bzw. im übertragenen Sinn auch Dichterin heißt.

Literatur

  • Pétur Urbancic: Vielseitig, engagiert, anpassungsfähig ..., in Der Zaunkönik 2/2003, Online

Weblinks