Reinprecht II. von Wallsee

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Reinprecht (II.) von Wallsee oder Walsee (* im 14. Jahrhundert, um 1345; † 2. Juni 1422) war ein einflussreicher Adeliger des Herzogtums Österreich und gilt als eines der bedeutendsten Mitglieder seiner Familie. Nach dem Aussterben der Familienzweige der Wallseer zu Linz und zu Drosendorf war er letztlich der alleinige Erbe. Mit der Herrschaft Tybein gelangte er in den Besitz eines Reichslehens. Er war Landeshauptmann des Herzogtums Österreich "ob der Enns" und Truchsess des Herzogtums Steier. Die von ihm einberufene Versammlung der Landstände des Herzogtums Österreich im Jahr 1408 gilt als der "erste" Landtag in den heutigen Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich und als Beginn einer "Emanzipation" des Landes "ob der Enns" gegenüber dem Land "unter der Enns", die Ende des 15. Jahrhunderts eine Teilung des Herzogtums Österreichs und die spätere Entstehung der beiden Bundesländern zur Folge hatte.

Herkunft und Familie

Reinprecht II. von Wallsee zu Enns stammte aus einer früheren Ministerialenfamilie[A 1], die sich Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts in den Herzogtümern Österreich und Steier niedergelassen hatte. Er war einer der Söhne von Reinprecht (I.) von Wallsee zu Enns aus dessen Ehe mit Elsbet von Starhemberg († um / nach 1361).[1]

Reinprecht II. von Wallsee war dreimal verheiratet und hatte aus seiner dritten Ehe mehrere Kinder:[1]

∞ in 1. Ehe (Eheschließung um 1370) mit Katharina von Liechtenstein zu Nikolsburg († 1397), Tochter von Hans von Liechtenstein († um 1398), der viele Jahre ein enger Ratgeber und der Hofmeister von Herzog Albrecht (III.) von Österreich ("Albrecht mit dem Zopfe") war. Es hat den Anschein, dass der Sturz seines Schwiegervaters um 1395, in den auch seine Ehefrau Katharina verwickelt war, für ihn selbst und die Familie der Wallseer keine erkennbaren Folgen hatte.[2]
∞ in 2. Ehe zwischen 1398 und 1404 mit Anna, einer Tochter von Eberhard (II.) von Kapellen (†1406) aus dessen Ehe mit Anna von Tybein (Duino)[A 2].[3]
∞ in 3. Ehe mit Katharina von Tybein (Duino) († 1435), der Erbtochter von Haug (IX.) von Tybein (Hugo (IX.) von Duino)[A 3]
  • Barbara von Wallsee zu Enns († um 1430) ∞ mit Niklas Frangipani ("dem Jüngeren"), Graf zu Veglia und Modrusch († um 1458)
  • Reinprecht (IV.) von Wallsee zu Enns (Reinprecht von Wallsee "der Ältere") († 1450), Marschall des Herzogtums Österreich, Hauptmann "unter der Enns"

Leben

Anfänge

Reinprecht (II.) von Wallsee begleitete seinen älteren Bruder Rudolf (I.) von Wallsee und seinen Cousin Eberhard (III.) von Wallsee zu Linz 1364 in den Krieg, der um die Nachfolge der Grafschaft Tirol geführt wurde.[4] 1371 übernahmen er, Rudolf (I.) und ihr anderer Bruder Friedrich (V.) nach dem Tod von Eberhard (III.) die Vormundschaft für dessen noch minderjährigen Sohn Jörg († um 1400/01).[5]

Hauptmann "ob der Enns"

Im Oktober 1379 wurde er von Herzog Albrecht "mit dem Zopfe" vermutlich mit Blick auf dessen bevorstehende kriegerische Auseinandersetzung mit dem Grafen Heinrich (VII.) von Schaunberg († um 1390) zum "Hauptmann ob der Enns" ernannt.[6] Am 17. März 1380 ernannte ihn der Herzog außerdem zum Anführer seiner Truppen und betraute ihn mit der Führung des "Krieges" gegen den Schaunberger. Die militärische Auseinandersetzung ("Schaunberger Fehde"), die für Reinprecht (II.) sehr erfolgreich war, dauerte ca. 3 Jahre. Mit dem Nürnberger Schiedsspruch (28. Februar 1383) verlor die Grafenfamilie der Schaunberger endgültig ihre Unabhängigkeit gegenüber den Herzögen von Österreich. Reinprecht (II.), der sich die Gunst des Herzogs auch in den Jahren danach erhalten konnte, entfaltete in den Folgejahren im Land "ob der Enns" eine rege Tätigkeit als "Rechtspfleger", obwohl er mehrmals in Konflikte mit den Städten Enns und Wels verwickelte war.[7] Für seine Verdienste um die "Schaumburger Fehde" erhielt Reinprecht vom Herzog die Herrschaften Neuburg am Inn und Falkenstein, die zuvor viele Jahre im Pfandbesitz des Familienzweiges der Wallseer zu Linz gewesen waren, die erst viele Jahre nach seinem Tod wieder gelöst wurden.[8]

Nach der Schlacht bei Sempach (9. Juli 1386) nahm er zusammen mit seinem älteren Bruder Rudolf (I.) und seinem Cousin Heinrich (VI.) von Wallsee zu Enns an jener Versammlung am 10. Oktober 1386 in Wien teil, auf welcher Herzog Albrecht (III.) "mit dem Zopfe" nach "Aufhebung" des Teilungsvertrages von Neuberg (25. September 1379) die alleinige Herrschaft über die von den Habsburgern beherrschten Ländern und Herrschaften übernahm. In den Jahren danach führte er im Auftrag von Herzog Albrecht (III.) "mit dem Zopfe" eine weitere für ihn erfolgreiche Fehde gegen Graf Heinrich (VII.) von Schaunberg.[9] Reinprecht (II.), der Pfandinhaber der bei Passau gelegenen Festen Wernstein und Neuhaus am Inn war, unterstützte im Konflikt um die Nachfolge des Passauer Fürstbischofs Johann († 1387) mit Zustimmung des Herzogs Georg von Hohenlohe († 1423).[10] Vermutlich war Reinprecht (II.) um 1392 auch an der Fehde des Herzogs mit Wilhelm dem Rorer beteiligt.[11]

Als Hauptmann "ob der Enns" war Reinprecht (II.) von Wallsee Anfang der 1390er-Jahren für herzogliche Anordnungen zuständig, welche besonders den Salzhandel im heutigen Bundesland Oberösterreich betrafen und führte um 1394 eine Fehde gegen den Erzbischof von Salzburg.[12]. Am 22. April 1395 schloss er ein Bündnis mit der Familie der Maissauer, das sich offiziell gegen Angehörige des südmährischen Adels und besonders gegen die Familie der Leuchtenburger richtete. Der Historiker Max Doblinger hält es für möglich, dass das Bündnis auch eine Schutzmaßnahme war, die sich gegen die Herzöge von Österreich (Habsburger) richtete und eine Folge des Sturzes von Reinprechts Schwiegervater Hans von Liechtenstein.[13] Reinprecht profitierte jedoch auch vom Sturz seines Schwiegervaters, aus dessen Besitzungen er vorübergehend einige Pfandschaften erhielt, so die Festen Spielberg und Pernstein mit dem Gericht "auf dem Mos". Die Feste Spielberg war bereits als "Leibgedinge" im Besitz seines Vaters gewesen und nach dessen Tod an den Herzog zurückgefallen. Reinprecht besaß sie allerdings nur vorübergehend, bereits um 1400 war sie nicht mehr in seinem Besitz.[14]

Nach dem Tod von Herzog Albrecht "mit dem Zopfe" († 1395) behielt Reinprecht (II.) das Amt des Hauptmanns "ob der Enns".[15] 1395-1396/97 war er außerdem Hofmeister von Herzog Albrecht (IV.) von Österreich ( "Albrecht dem Geduldigen").[16] Zusammen mit seinem Bruder Rudolf (I.) gehörte Reinprecht (II.) zu jenen sechs Schiedsrichtern, die im September 1399 jene Schiedssprüche fällten, mit denen es vorübergehend gelang, die Einfälle aus dem böhmischen Königreich ins heutige Niederösterreich nördlich der Donau für einige Zeit zu beenden. Schon zuvor hatte Reinprecht in dieser Angelegenheit von Freistadt aus Verhandlungen geführt.[17]

1408 ließ er in der Stadt Enns eine Versammlung einberufen, die als der erste ober- und niederösterreichische Landtag gilt. Er spielte 1410 eine entscheidende Rolle bei der "Entführung" von Herzog Albrecht (V.) von Österreich auf dem Landtag von Eggenburg und war von 1412 bis zu seinem Tod dessen Hofmeister.[18] 1411-1417 führte er die "Wallseer Fehde gegen Herzog Ernst (I.) von Österreich ("Ernst den Eisernen") um seine Besitzungen in den Herzogtümern Steier und Krain. Die Fehde war für ihn letztlich ein großer Erfolg, da er 1418 nicht nur die Stadt Oberwölz mit der Feste Rothenfels und die Herrschaft Waxenegg, die er dem Adeligen Hanns von Stubenberg abgenommen hatte, nicht mehr zurückgeben musste, sondern außerdem mit dem Truchsessenamt des Herzogtums Steier belehnt wurde.[19]

Besitzungen

Die Herrschaft Wachsenberg, zählte zu jenen Herrschaften, um deren Arrondierung sich Reinprecht besonders kümmerte. 1398 brachte er die Besitzungen des Hochstiftes Bamberg in der Herrschaft Wachsenberg und zu Alhaming (heute Teil von Neuhofen an der Krems) in seinen Besitz. Bereits 1388 hatte er in Ottensheim Wernhard Hager, dem dortigen Richter, ein Haus abgekauft, mit dem er die Gründung des Wallseer Spitals (um 1415) sicherstellte.[8] 1395-1398 war Reinprecht "Pfleger"[A 4] der Feste Starhemberg (heute Teil der Gemeinde Haag am Hausruck).[14] Gemeinsam mit seinen Brüdern Rudolf (I.) und Friedrich (V.) beerbte er 1390 die Familie der Tybeiner, wonach sich die Besitzungen der Wallseer bis zur Adria erstreckten.[20] Mit der Herrschaft Tybein erbten die Brüder außerdem einen Sitz mit Stimme im "Reichstag" des Heiligen Römischen Reich. Nachdem die Wallseer Familienzweige zu Linz und zu Drosendorf um 1400 in "männlicher Linie" ausgestorben waren, wurden sie von Reinprecht (II.) und seinen Brüdern Rudolf (I.) und Friedrich (V.) gemeinsam beerbt.[21] Nach dem Tod seiner beiden Brüder, die keine Kinder hatten, beerbte Reinprecht diese.[22]

Literatur

  • Max Doblinger: Die Herren von Walsee. Ein Beitrag zur österreichischen Adelsgeschichte (= Archiv für österreichische Geschichte. Band 95). Holzhausen, Wien, 1906
  • Karel Hruza: Die Herren von Wallsee. Geschichte eines schwäbisch-österreichischen Adelsgeschlechts (1171–1331) (= Forschungen zur Geschichte Oberösterreichs. Bd. 18). OÖLA, Linz, 1995. ISBN 3-900-31360-1. Siehe Registe

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, siehe Stammtafeln
  2. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 75 und S. 86
  3. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 161
  4. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 74
  5. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 89
  6. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 77
  7. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 77ff.
  8. 8,0 8,1 vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 95
  9. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 80
  10. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 81
  11. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 82f.
  12. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 85f.
  13. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 86
  14. 14,0 14,1 vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 96
  15. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 87
  16. vgl. Christian Lackner: Hof und Herrschaft. Rat, Kanzlei und Regierung der österreichischen Herzoge (1365 - 1406) (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Erg.Bd. 41). R. Oldenbourg Verlag, Wien / München, 2002. ISBN-978-3-702-904562, S. 81
  17. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 88f.
  18. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 175
  19. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 174-190
  20. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 83
  21. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 89
  22. vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 165

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
  2. In Stammtafeln im Internet ist diese Anna von Tybein als eine Tochter von Haug (VI.) von Tybein aus dessen Ehe mit Reinprechts Tante Anna von Wallsee zu Enns aufgelistet. Doblinger geht allerdings davon aus, dass Haug, der nach dem Tod von Anna von Wallsee eine weitere Ehe mit Anna von Wildhaus einging, aus der Ehe mit der Wallseerin keine Kinder hatte. Vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 74; im rekonstruierten Stammbaum von Heribert Raidl findet sich dagegen eine Elisabeth von Kapellen als Ehefrau eines Reinprecht von Wallsee. Diese ist hier allerdings die Witwe eines Heinrich von Welleschin und die Tochter von Jans (I.) von Kapellen. Vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2002
  3. Nach Doblinger war diese Katharina zuvor mit Leutold / Leopold (II.) von Maissau verheiratet gewesen. Vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 161
  4. Die mittelalterliche Bezeichnung "Pflege" in Bezug auf Burgen bedeutet die Verwaltung einer Burg. Der Burgpfleger war für diese Burg und die dazugehörige Herrschaft, zuständig, er hatte aber, im Unterschied zu einer Belehnung oder Verpfändung, keine Besitzrechte an dieser.
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