Landwirtschaftliche Fachschule Gumpoldskirchen

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Gebäude der Schule im Jahr 2015

Die Landwirtschaftliche Fachschule Gumpoldskirchen oder kurz die Weinbauschule Gumpoldskirchen war in den Jahren 1898 bis 2008 eine Landwirtschaftliche Fachschule in Gumpoldskirchen, die sich speziell mit dem Weinbau beschäftigte.

Entstehung

Während in früheren Jahrhunderten kein besonderer Wert auf besondere Weinqualität gelegt wurde und einfach ein Gemischter Satz produziert wurde, reagierten Mitte des 19. Jahrhunderts durch die geänderten Marktgegebenheiten die Weinhauer durch gesteigerte Qualitäten, beispielsweise durch geeignete Rebsorten. So wurden in Gumpoldskirchen von den beiden Weinhauern Johann Baumgartner und Josef Gottfried Wieninger Versuchsweingärten angelegt, um diese Sorten, die den Gumpoldskirchner Gegebenheiten entsprechen, herauszufinden. Auch die Marketingstrategien wurden verfeinert, wie Weinlizitationen oder Weinverkostungen wurden weiterentwickelt. Auf diesem Weg erhielten sie auch Auszeichnungen auf der Weltausstellung in Wien im Jahr 1873. Auch neue Geräte und Maschinen wurden eine Herausforderung für die Hauer.

In den Jahr 1884 bis 1891 wurden jedoch die Weingärten durch die von Amerika eingeschleppte Reblaus vernichtet, sodass es 1891 praktisch keine Ernte mehr gab. Dies erforderte eine komplette Neuauspflanzung der Kulturen, die mittels Veredelung auf resistente amerikanische Unterlagsreben erfolgte.

Aber auch die eingeschleppten Blattkrankheiten, wie der echte oder der falsche Mehltau machten den Weinhauern zu schaffen, denn dazu reichten die bisherigen Erfahrungen nicht mehr. Auch der entstandende Kostendruck und die fehlenden kaufmännischen Kenntnisse brachten viele Weinhauer an die Grenzen der Existenz.

In dieser Zeit entstanden in den Weinbaugebieten die Weinbauvereine einerseits und Ausbildungsstätten andererseits. So reagierte man in Gumpoldskirchen mit den Gründungen im Jahr 1877 des 1. Gumpoldskirchner Weinproduzenten-Vereines, sowie 1885 des Zweigvereines des Vereines zum Schutze des österreichischen Weinbaues.

Der Ruf nach Schulen erfolgte allerdings schon früher, wie von Baumgartner in seinem 1856 erschienenen Buch Anleitung zum einträglichen Betriebe des Weinbaues in Österreich. So wurde bereits 1867 im Rahmen der Volksschule eine Landwirtschaftliche Fortbildungsschule eingerichtet, wo zumindest theoretische Kenntnisse vermittelt werden konnten. Das hielt sich mit Erfolg bis in die 1870er Jahre.

Im Jahr 1891, als die Reblaus den größten Schaden anrichtete, wurde in Gumpoldskirchen ein viel beachteter Weinbautag abgehalten, in dessen Verlauf ebenfalls die Einführung von Veredelungskursen in den Volks- und Bürgerschulen der Weinbauregionen gefordert wurde.

In Gumpoldskirchen engagierte sich in dieser Richtung sehr stark der Volksschullehrer Kajetan Schellmann (1866-1956). Aber auch von höherer Stelle wurde der Forderung nachgekommen und die Niederösterreichische Landesregierung genehmigt im Jahr 1892 ein noch nicht näher definiertes Schulprojekt.

Chronik

Gedenktafel in Gumpoldskirchen

Im Jubiläumsjahr des Kaisers 1898 erbot sich die Gemeinde Gumpoldskirchen, auf eigene Kosten selbst eine Weinbauschule zu errichten und sie in die Landesverwaltung zu übergeben. Die Landesregierung gab ihre Zustimmung. Noch am 4. Oktober 1898 konnte die Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläums-Winzerschule unter Bürgermeister Anton Wagner[1] eröffnet werden. Erster Direktor der Schule wurde Franz Wenisch, der vorher in der Acker-, Obst- und Weinbauschule in Feldsberg im heutigen Mähren tätig war.

Im Jahr 1900 wurde die Ausbildung auf zwei Wintersemester umgeändert, da sich die Ausbildung im Sommer nicht bewährte. In den Folgejahren errichtete Wenisch mit seinem Nachfolger Julius von Jablanczy mit dem Weinbauverein ein System von 17 Wetterschießhütten zur Hagelabwehr. Um der Bevölkerung die Erfolge der Schule zu zeigen, konnte bereits 1901 eine Weinkost durchgeführt werden. Auch von höherer Stelle wird die Schule begutachtet, so besichtigt 1906 die in Baden wohnende Erzherzogin Isabella den Obstgarten der Schule.

In den Jahren des Ersten Weltkrieges 1914 bis 1918 war der Schulbetrieb eingestellt und es befand sich ein Genesungsheim für Soldaten

Nach dem Krieg wurde zuerst wieder ein einjähriger Kurs angeboten, aber nicht sehr stark angenommen. In der kommenden Zwischenkriegszeit bis hinein in den Zweiten Weltkrieg im Jahr 1940 wird jeweils nur ein Wintersemester angeboten.

Durch einen Ausbau in den Jahren 1928 bis 1930 in Form eines Presshauses und eines Kellers kann auch der praktische Unterricht stark gefördert werden. Insgesamt genießt die Schule auch international einen stänig steigenden Ruf, was sich durch die verschiedenen Besuche, auch ausländischer Delegationen, zeigt.

In der Zeit von Groß-Wien nach dem Anschluss wurde die Schule eine Wein- und Obstbauschule der Stadt Wien. Ab 1943 konnten auch Mädchen die Schule besuchen. Im Jahr 1944 wurden Teile der Schule durch einen aliierten Bombenangriff zerstört. Auch zu Kriegsende im Jahr 1945, als Gumpoldskirchen Kampfgebiet wird, erleidet die Schule weitere Schäden. Trotzdem kann bereits im Herbst der Schulbetrieb wieder regulär aufgenommen werden.

Im Jahr 1968 wird ein Internat eingerichtet, das 60 Schülern auch aus entfernteren Regionen die Möglichkeit gibt, die Schule zu besuchen. Der Lehrplan wird auf andere landwirtschaftliche Fachgebiete erweitert. Ab dem Schuljahr 1974/75 wird die Schule als dreijährige Fachschule geführt. Von den 10 ha Grund stehen allein 7,5 ha für Weingärten zur Verfügung. Zu diesem Zeitpunkt besuchen etwa 100 Schüler die Anstalt.

1986 wird die dreijährige Fachschule auf vier Jahre erweitert. Der Schulbetrieb wird vor allem um die regionalen Bedürfnisse, wie Schank- und Küchenbetrieb erweitert.

Ab dem Jahr 1992 wird auch Pferdewirtschaft mit angeboten. Bis zu 18 Pferde stehen in den Stallungen der Schule. Mit Permakultur und Hildegard-Medizin werden weitere Schwerpunkte gesetzt.

Da trotz allen Benühungen die Existenz der Schule immer wieder in Frage gestellt wird, wurde in Gumpoldskirchen in Gemeinsamkeit mit den anderen Schulen der Schwerpunkt auf Wein & Gast gelegt und die gesamte Ausbildung in diese Richtung verlagert. Nach einer Praxis konnte nun auch die Meisterprüfung abgelegt werden.

Mit dem Wifi wurden auch Einzelkurse zu einzelnen Fachgebieten der Weinwirtschaft angeboten. Einer bereits drohenden Schließung wurden verschiedene Projekte wie Weinstraßenhotel, Vinothek oder Jugendherberge ausgearbeitet und entgegengehalten.

Im Jahr 2008 konnten nur mehr einzelne Veranstaltungen durchgeführt werden. Gemeinde und Landwirtschaftskammer hatten jedoch kein Interesse mehr, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten und so wurde er 2008 geschlossen.

Nachnutzung

Nach der Schließung wurden die Gebäude, die wie das gesamte Gelände in der Größe von etwa 8.000 m² dem Land Niederösterreich gehört, an drei Winzer befristet verpachtet, die abwechselnd im Winzerschul-Heurigen aussteckten. Ende 2015 soll das Gelände vom Land Niederösterreich nach dem Bestbieterverfahren verkauft werden.[2]

Das Grundstück in der Gartengasse, dass ebenfalls zur Schule gehörte, wurde der Gemeinde verkauft. Dort ist ein neues Gemeindezentrum geplant.[2]

Im Sommer 2020 kam es zu einer Parteieneinigung, sodass Begleitetes Wohnen, einen Kindergarten und Mehrzweckräume für Gumpoldskirchner Vereine an einem Standort errichtet werden soll. In weiterer Folge soll ein neues Gemeindezentrum mit Veranstaltungssaal errichtet werden soll.[3]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Einweihung und Eröffnung der nö. Landeswinzerschule. In: Badener Zeitung, 8. Oktober 1898 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  2. 2,0 2,1 Wohnungen statt Heurigen Betriebe in der NÖN Ausgabe 1/2016 S.16 Region Mödling
  3. Gumpoldskirchen: Ja zum Generationenhaus in der NÖN vom 28. August 2020 abgerufen am 28. August 2020

Weblinks

 Landwirtschaftliche Fachschule Gumpoldskirchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

48.04094416.282578Koordinaten: 48° 2′ 27″ N, 16° 16′ 57″ O