Hinterbrühl im Jahr 1914

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Wie alle anderen Orte betraf der Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 die Hinterbrühl.

Tafeln an der Pfarrkirche in der Hinterbrühl

Protokollbücher und Chroniken, sowie verschiedene Erlässe und Verordnungen geben Aufschluss, wie sich das Leben in der Hinterbrühl bei Kriegsausbruch änderte. Mit der allgemeinen Mobilmachung wurden die Einberufenen vom damaligen Bürgermeister Friedrich Schröder jun. verabschiedet. Der Bürgermeister hielt vor den mit Blumen geschmückten eingezogenen Männern eine patriotische Ansprache. Einige dieser jungen Soldaten überlebten den Krieg nicht. Ihnen ist eine Tafel an der Pfarrkirche gewidmet.

Die Soldaten fuhren am 29. Juni 1914 vom Bahnhof Mödling zu ihren Einberufungsorten.

Die erste Gemeinderatssitzung nach Kriegsausbruch fand am 2. August 1914 statt, wo Bürgermeister Schröder über die verschiedenen Änderungen im Gemeindeleben berichtete. So wurden alle vier Wachleute der Gemeinde eingezogen und ein freiwilliger unentgeltlicher Sicherheitsdienst übernahm unter Carl Sittner diese Aufgaben. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr änderte sich einiges. Da neben anderen Kameraden auch der Hauptmann Georg Sittner einrücken musste, übernahm der Gemeinderat Ferdinand Steinmüller im Notfall das Kommando. Auch der einzige Rauchfangkehrer des Ortes musst zum Militär, sodass es vermehrt zu Kaminbränden kam.

Ab dem 10. August gab es im Ort eine Fürsorgestelle. Diese war für die Ausspeisung der Kinder, die aus 40 Volksschülern und 12 Kindergartenkinder sowie 44 Freitischkinder bestanden, in 23 Familien zuständig. Ermöglicht wurde die Aktion durch zahlreiche Grundbesitzer, die mit Naturalien beitrugen. Von den ansässigen Gärtnern wurde auf zur Verfügung gestellten Grundstücken Gemüse, wie Kohl, Salat oder Kohlrabi angebaut. Diese Fürsorgestelle wurde in der Volksschule Hinterbrühl untergebracht. Auch an die Fürst Liechtenstein'sche Gutsverwaltung und an die k.k. Forstärare wurde wegen Holzspenden als Brennmaterial herangetreten.

In der Gemeinderatssitzung vom 2. September übernahm ein Fürsorgeausschuss der Gemeinde die Leitung der Fürsorgestelle. Die Gemeinde kaufte Laternen und Abzeichen für die Bürgerwehr an, die in dieser Sitzung angelobt wurde. Die Fürsorgestelle bekam den Auftrag, alles Brauchbare zur Unterstützung der in der Heimat Zurückgebliebenen zu sammeln. Aber auch Zeitungsartikel über das Kriegsgeschehen sollten über die Fürsorgestelle gesammelt werden. Die Koordination erfolgte durch Helene Regenhart von Zapory. Verteilt wurde es durch das Rote Kreuz. Auch Fruchtsäfte zur Labung von Verwundeten, die im Fiebersdurst lagen, sollten durch die Gartenbesitzer hergestellt werden. Begehrt war dafür der Johannesbeersaft wegen seines geringen Säuregehaltes.

Bald ergaben sich die ersten Engpässe in der Lebensmittelverorgung, die in der Folge durch die Statthalterei für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns übernommen wurde. So mussten beispielsweise jene Erntehelfer, die einrücken mussten, ersetzt werden. Durch den Gemeinderat wurden auch Höchtstpreise festgesetzt, um Preissteigerungen zu verhindern. So kosteten zum Beispiel:

Weizenmehl oder -gries 56 Heller pro Kilogramm
Weizen- oder Roggenbrot 40 Heller pro Kilogramm
Steinkohle 2 Kronen für 50 Kilogramm

Ab 1. April 1915 musste Brot und Milch rationiert werden.

Zusätzliche Einnahmen lukrierte man mit dem Verkauf von patriotischen Abzeichen, Medaillen, Ansichtskarten und anderen. Bei den Briefmarken erfolgte ein Zuschlag von zwei Heller zur Witwen- und Waisenunterstützung.

In der Sitzung am 7. Oktober 1914 wurde die Errichtung eines Notspitals im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft beschlossen. Der Standort befand sich in der Berggasse 7. (der heutigen Eichbergstraße)

Die Belastung in der Volksschule war für die verbliebenen Lehrer sehr hoch. Mussten sie einerseits zwei eingerückte Kollegen ersetzen, waren sie auch im Fürsorgausschuss tätig. Daher war der Unterricht sehr eingeschränkt. Schwerpunkt dabei waren Handarbeiten, bei dem brauchbare Gegenstände, wie Strickwaren für die Soldaten im Feld angefertigt wurden.

In der letzten Sitzung des Jahres 1914, am 19. November wurde in einem Erlass der Bezirkshauptmannschaft zur Zeichnung von Kriegsanleihen aufgerufen. Die damalige Gemeinde Hinterbrühl zeichnete auf Antrag von Gemeinderat Ritter eine Anleihe für 5000 Kronen. Tragischerweise erhielt er zu diesem Zeitpunkt auch die Nachricht über seinen gefallenen Sohn.

Quelle

  • Kurt Janetschek: 100-jähriges Gedenken an den 1. Weltkrieg im Gemeindeboten der Marktgemeinde Hinterbrühl, April 2014