Burgruine Aggstein

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Die Burgruine Aggstein heute

Die Burgruine Aggstein ist eine in der Wachau gelegene frühere Höhenburg. Die sagenumwobene Ruine zählt zu den bekanntesten Burgenruinen im heutigen Niederösterreich. In der Sagenwelt gilt sie bis heute als eine der berüchtigtsten "Raubritterfesten" im heutigen Österreich. Da die an einer strategisch wichtige Stelle gelegene Burg bis ca. 1430 Teil einer Herrschaft war, die im Herzogtums Österreich lag, aber als Lehen zum Herzogtum Baiern[A 1] gehörte, befanden sich die Burgherren oft in einer politisch schwierigen Lage.

Lage

Die Ruine Aggstein, aufgenommen von einem Standort in Willensdorf. Hier ist die Länge der Anlage gut erkennbar.

Die Burgruine Aggstein ist Teil der Gemeinde Aggsbach und befindet sich auf der Seite von Aggsbach-Dorf, das durch die Donau von Aggsbach-Markt abgegrenzt ist. Die Burgruine erhebt sich über der Donau auf einer ca. 150 Meter langen Felszunge. Diese "stößt" von einem mächtigen Waldkamm nach Westen vor und fällt nach drei Seiten steil ab.[1]

Das Bauwerk

Die Burgruine Aggstein, Bild von Hubert Landa (1870–1938), 1910/15

Die Burganlage hat eine Länge von mehr als 100 Metern und besteht aus den Resten der Vor-, Mittel- und Hauptburg, an welche später eine Unterburg und der Zwinger angebaut wurden. Erhalten ist im Wesentlichen die Anlage, die um 1429 erbaut wurde und die Erweiterungsbauten aus dem 17. Jahrhundert.[2]

Historische Eckdaten

Die heute erhaltenen Teile der mittelalterlichen Burganlage sind aus dem 15. Jahrhundert. Ein Vorläufer dieser Burganlage wurde nach 1110 erbaut, als Erbauer gilt der Hochfreie Manegold (III.) von Aggsbach-Werde. Seit ca. 1181 dürfte Aggstein den Hochfreien von Aggsbach-Gansbach gehört haben, die als Verwandter der Kuenringer gelten. Später gehörte Aggstein zusammen mit der Herrschaft Wolfstein (heute Teil der Gemeinde Schönbühel-Aggsbach) bis 1355 als Lehen des Herzogtums Baiern tatsächlich den Kuenringer. Im Zusammenhang mit ihrer Fehde gegen Herzog Friedrich (II.) von Österreich ("Friedrich der Streitbare") im Jahr 1231 wurde Aggstein zerstört und dürfte für lange Zeit nicht wieder aufgebaut worden sein.[1]

Nachdem Aussterben der Dürnsteiner Linie der Kuenringer kam die Herrschaft Wolfstein mit Aggstein, wieder als Lehen des Herzogtums Baiern, durch die Erbtochter Anna von Kuenring an Heidenreich von Maissau.[1] Um 1429/1430 kam die Herrschaft Wolfstein mit der Burg Aggsteindurch den Sturz des letzten Maissauers in den Besitz des Herzogtums Österreich. Am 12. Juni 1429 verlieh unter Herzog Albrecht (V.) von Österreich, besser bekannt als König Albrecht II., Aggstein, das zu dieser Zeit bereits als "ödes Haus" bezeichnet wurde, seinem Kammerherrn Jörg Scheck vom Wald verwaltet.[3] Er oder ein gleichnamiger Nachfolger verlor dieses Lehen 1463, als Erzherzog Albrecht (VI.) von Österreich ("Albrecht der Freigiebige") Aggstein seinem Kanzler Jörg von Stain verlieh und dieser die zu dieser Zeit offensichtlich wieder aufgebaute Burg eroberte. Nach dem Tod von Herzog Albrecht (VI.) verlor Jörg von Stain Aggstein, das Ulrich von Grafenegg im Auftrag von Kaiser Friedrich III. eroberte. Seit 1478 wurde Aggstein meistens von "Pflegern"[A 2] verwaltet.[2]

1529 wurde die Burg im Zusammenhang mit der "Ersten Türkenbelagerung" der Stadt Wien letztmals zerstört. Damals befand sich Aggstein im Pfandbesitz von Freiherr Wilhelm von Rogendorf. Danach war Aggstein an Andreas Wolf von Polheim verpfändet, dessen Witwe Anna die Burg restaurieren ließ, ehe sie diese 1606 an ihren Cousin Otto Max von Abensberg-Traun verkaufte oder vererbte. 1685 verkauften dessen Nachfahren die Ruine an die Grafen von Starhemberg. 1819 wurde sie Eigentum der Grafen von Beroldingen. Heute gehört sie der Familie der früheren Grafen Seilern zu Aspang-Schönbühel.[2] Die Ruine ist heute ein beliebtes Ausflugsziel. Außerdem ist sie für ihre "Mittelaltermärkte" und weitere Veranstaltungen mit "Mittelalter-Flair" bekannt.[4]

Die Burgruine Aggstein in Sage und Legende

Die Burgruine Aggstein zählt zu den "sagenhaften" Orten Europas.[4] In der Welt der Sagen hat Aggstein als berüchtigtes Raubritternest seinen festen Platz. Gleich zwei berüchtigte sagenhafte Raubritter (inklusive Familie) treiben dort ihr Unwesen: die "Hunde von Kuenring" (um 1230) und der "Schreckenwald" (um 1463). Philibert Hueber, Stiftarchivar in Melk, versetzte 1722 den Schreckwald aus dem 15. Jahrhundert ins 13. Jahrhundert. Ignaz F. Keiblinger (*1707; † 1869), ebenfalls Stiftarchivar von Melk, verknüpfte 1827 beide Sagen miteinander, indem er den Schreckwald zum "Burgvogt" des Raubritters Hadmars machte und beide in der Zeit nach 1246 ("Österreichisches Interregnum") ihr Unwesen treiben ließ.[5]

Die Hunde von Kuenring / Hadmars Gefangennahme

Der angebliche "Raubrittersaal" auf Burg Aggstein
Hadmar wird nach seiner Gefangennahme nach Wien geschafft, historistisch-phantasievolle Darstellung aus dem Jahr 1880

Im Mittelpunkt dieser Sage stehen die "Hunde von Kuenring", wie die Raubritterbrüder Hadmar von Aggstein und Heinrich von Weitra genannt werden. Als Raubritter machen sie von den Burgen Aggstein und Weitra aus ihre Umgebung unsicher. Hadmar kapert fahrende (Handels-)Schiffe, welche in Richtung Wien unterwegs sind, indem er bei seiner Burg Aggstein eine eiserne Kette über die Donau spannen lässt. Der Landesfürst des Herzogtums Österreich will Hadmars Treiben ein Ende bereiten, doch seine Versuche, dessen Burg Aggstein erobern, scheitern. Ein Kaufmann aus Wien stellt Hadmar mit Wissen des Herzogs von Österreich eine Falle, die zu dessen Gefangennahme führt, worauf die nun mehr herrenlose Burg Aggstein eingenommen werden kann. Der Herzog schenkt Hadmar das Leben und die Freiheit, verpflichtet ihn aber, alles geraubte Gut zurückzugeben und sämtliche Schäden gutzumachen. Hadmar ist gebrochen, nur wenige Jahre später stirbt er in einem kleinen Dorf bei Passau auf einer Pilgerreise.[6] Die Sage existiert in mehreren Versionen, die sich in Kleinigkeiten von einander unterscheiden. Die Ausführung der Falle, die Hadmar gestellt wird, übernimmt stets ein Kaufmann, aber in einigen Versionen hat zum Beispiel nicht dieser die Idee dazu, sondern der Hofnarr. Der Herzog von Österreich ist meistens Friedrich der Streitbare, oft aber ein namenloser Herzog von Österreich.

Hadmar (III.) von Kuenring († um 1231) und sein Bruder Heinrich (III.) von Kuenring sind historisch bezeugt. Sie waren Söhne des Adeligen Hadmar (II.) von Kuenring aus dessen Ehe mit Euphemia von Mistelbach. Aus der Familie ihrer Mutter dürften sie den Beinamen "Hund" geerbt haben.[7] Die neuere Forschung geht davon aus, dass die beiden Kuenringer zu Unrecht als Raubritter diffamiert wurden, und dass es sich dabei um eine unrichtige oder gar gefälschte, historische Überlieferung oder landesfürstliche Propaganda gehandelt hat. Die Kuenringer waren mehrmals in Aufstände gegen die Landesfürsten des Herzogtums Österreich verstrickt, hinzu kommt noch, dass Burg Aggstein Teil eines bairischen Lehens war und damit eine Bedrohung für die Landesherrschaft des Herzogtums Österreich bedeutete. Dass in einigen Versionen der Landesfürst des Herzogtums Österreich Friedrich der Streitbare ist, hängt damit zusammen, dass es zu Beginn von dessen Herrschaft tatsächlich einen Aufstand der Adeligen im Herzogtum Österreich gab, den die Brüder Hadmar und Heinrich von Kuenring anführten. Nach dessen Niederschlagung dürfte es allerdings zu einer Aussöhnung gekommen sein. Dass Hadmar in der Sage Schiffe kapert, indem er deren Fahrt auf der Donau mit einer Kette blockiert, könnte ihren Ursprung in dem Umstand haben, dass sich bei der Burg Aggstein eine Mautstelle befand.[8]

Schreckenwalds Rosengärtlein auf Aggstein

Eine markante Felsformation bei der Ruine Aggstein, die gerne für das legendenumwobene Rosengärtlein gehalten wird.

Noch bekannter ist die vom Rosengärtlein, die seit dem 17. Jahrhundert in mehreren Versionen überliefert ist.[5] Gemeinsam ist Sagen vom Aggsteiner Rosengarten, dass die Burg in den Besitz des Schreckwald oder Schreckenwald kommt, der meistens ein böser Ritters, in manchen Versionen aber auch ein Räuber ist. Wie die "Hunde von Kuenring" nützt er Aggstein als Ausgangspunkt für kriminelle Unternehmungen, wobei er, wie die Hunde zunächst faktisch unbesiegbar zu sein scheint. Gefangene lässt er gewöhnlich auf eine Steinplatte, die als Balkon von seiner Burg Aggstein ragt, aussetzen. Dort bleibt ihnen nur die Wahl zu verhungern oder in den Tod zu springen. Schreckenwald nennt diese Steinplatte sein Rosengärtlein, seine Gefangenen vergleicht er ihn einigen Versionen dieser Sage mit Rosen. Schließlich gelingt es einem der Gefangenen zu entkommen, was den Untergang von Schreckwald zur Folge hat.[9] Schreckwald wird in einigen Sagen mit dem historisch belegten Adeligen Jörg Scheck vom Wald identifiziert, der im 15. Jahrhundert tatsächlich Aggstein als landesfürstliches Lehen besaß. Die heute noch erhaltenen Teile der Burgruine, die aus dieser Zeit stammen, gehen auf Bauarbeiten zurück, die er durchführen ließ. In einigen Versionen ist Schreckwald allerdings nur ein Räuber, dessen Hintergrund nicht näher beschrieben ist. In einer Version wird ihm das Handwerk gelegt, aber seine Nachkommen sind nicht besser als er und müssen schließlich ebenfalls ausgeschaltet werden. Je nach Version wird dem Sadismus des Schreckwald mehr oder weniger Raum eingeräumt. Auch die Rettung des einen Gefangenen, der überlebt, variiert in Details, wobei neben einem geglückten Sprung in die Freiheit auch übernatürliche Elemente wie Glocken, die den Unhold in den Wahnsinn treiben, eine Rolle spielen.

Die Bezeichnung Rosengarten findet sich interessanterweise als Bezeichnung für viele Gegenden, welche eine öde und wilde Beschaffenheit aufweisen. Als Rosengartenplätze gelten Grab- und Totenkultstätten, Orte der Gerichtsbarkeit und Fels- und Festplätze. Der Aggsteiner Rosengarten der Sagenwelt könnte auf einen Gerichtsort verweisen, wozu eine Art Verbindung zwischen einem "Felsengefängnis" und dem Brauch, den Kerker seinem rechtlichen Charakter gemäß Rosengarten zu nennen, passen würde.[5]

Ein außerhalb der Burg Aggstein gelegener, schmaler Felsvorsprung, der durch Futtermauern abgestützt wird, zählt heute zu einem der schönsten Ausblickspunkte des Donautals. Gewöhnlich wird er als das legendenumwobene "Rosengärtlein" ausgegeben.[10]

Die Lorelei der Wachau

Weniger bekannt ist eine Wachauer Sage, in der eine "niederösterreichische" Lorelei auf dem Felsen, wo später die Burg erbaut wurde, ihr Unwesen treibt. In der Version von Hans Plöckinger aus dem Jahr 1926 trägt diese Loreley allerdings Züge des Donauweibchens.[11]

Siehe auch: Kategorie:Sage aus Niederösterreich

Primärtexte

Burg Aggstein auf der Bühne

Literatur

  • Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0

Weblinks

 Burgruine Aggstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 111
  2. 2,0 2,1 2,2 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 112
  3. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 111f.
  4. 4,0 4,1 vgl. Birgit Kneip et al.: Europa Mystica. Atlas der sagenhaften Orte und verwunschenen Plätze. Frederking & Thaler Verlag, München, 2019. ISBN 978-3-95416-272-7, S. 51
  5. 5,0 5,1 5,2 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 117
  6. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 113ff.
  7. vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer. Adeliges Leben in Niederösterreich (= Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 53). Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1980. ISBN 3-85326-539-X. S. 12
  8. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 115
  9. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 115ff.
  10. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen, 1999, S. 113
  11. vgl. [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/niederoesterreich/wachau/ploeckinger/lorelei.htm Die Lorelei der Wachau], Sagen.AT, abgerufen am 9. Jänner 2021
  12. vgl. Das Rosengärtlein, Universaledition.COM, abgerufen am 18. Juli 2020

Anmerkungen

  1. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  2. Die mittelalterliche Bezeichnung "Pflege" in Bezug auf Burgen bedeutet die Verwaltung einer Burg. Der Burgpfleger war für diese Burg und die dazugehörige Herrschaft, zuständig, er hatte aber, im Unterschied zu einer Belehnung oder Verpfändung, keine Besitzrechte an dieser.
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