Innsbrucker Hexenprozess: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 25. Dezember 2020, 20:18 Uhr

Der Innsbrucker Hexenprozess ist eine gerichtliche Verhandlung, die im Sommer und Herbst 1485 in Innsbruck durchgeführt wurde. Er gilt als der erste große Hexenprozess im heutigen Österreich. Nur wenige Tage, nachdem die Hauptverhandlung im Oktober 1485 eröffnet worden war, wurde er abgebrochen und in der Folge nicht mehr weitergeführt. Die angeklagten Frauen wurden freigelassen, der Inquisitor in den darauf folgenden Monaten zur Abreise genötigt. Wegen seines Verlaufs und Ausgangs, der von der historischen Forschung als ungewöhnlich eingestuft wird, hat der Prozess in den letzten Jahren einige neue Aufmerksamkeit erhalten.

Die Ausgangssituation

Am 5. Dezember 1484 veröffentlichte Papst Innozenz VIII. (Giovanni Battista Cibo) († 1492) die päpstliche Bulle "Summis desiderantes affectibus", die als Grundlage für Hexenprozesse Verwendung fand. Als Verfasser ihres Textes gilt der Inquisitor Heinrich Kramer, der sie in den Jahren danach bei seinen Aktivitäten als Hexenverfolger zur Legalisierung nutzte.


Das Verfahren

Am 23. Juli 1485 legte Heinrich Kramer Bischof Georg (II.) von Brixen die päpstliche Bulle vor. Wenig später reiste er nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und außerdem mit den Untersuchungen begann. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.[1]

Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen auf den Schaden bezogen, der ihnen durch Hexerei angeblich zugefügt war. Beschuldigung wie der Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches finden sich nicht.[2] Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.[3] Obwohl die Zeugenbefragung schon Ende August zur Beschuldigung von mehr als 50 Personen geführt hatte, wurden Anfang Oktober zunächst nur sieben Frauen verhaftet.[4]

Die Hauptverhandlung

Die Hauptverhandlung dauerte vom 29. - 31. Oktober 1485 vor einem Gerichtshof, der sich aus mehreren Geistlichen und zwei Notaren zusammensetzte. Heinrich Kramer fungierte als Ankläger. Nachdem Heinrich Kramer am 29. Oktober 1485 eine der Angeklagten offiziell vorführen ließ und diese selbst befragte, wobei die Art seiner Befragung Proteste des bischöflichen Kommissärs zur Folge hatte, der sogar damit drohte, die Verhandlung zu verlassen, kam es zu einer ersten Unterbrechung.[5] Gegen Mittag wurde die Verhandlung fortgeführt. Eine Beschwerde von Johannes Merwart, der erst zu diesem Zeitpunkt als Beobachter und Verteidiger der Angeklagten zugezogen worden war, hatte zur Folge, dass die Verhandlung auf den 31. Oktober 1485[A 1] vertagt wurde. Seine Beschwerde basierte auf Vorkommnisse vor und während des Prozesses, die Johannes Merwart als Verfahrensfehler auslegte. Heinrich Kramer hatte den Angeklagten Fragen gestellt, die nicht in seiner Kompetenz als Inquisitor lagen und diese waren bei ihren Verhören außerdem nicht zu den in den Zeugenaussagen gemachten Vorwürfen befragt worden. Zudem war die Inhaftierung der Angeklagten erfolgt, noch ehe der Prozess gegen sie eingeleitet worden war. Der Hauptpunkt betraf allerdings den Umstand, dass die Zeugenvernehmungen und alle Aktenaufzeichnungen ohne öffentlichen Notar vorgenommen worden waren. Er forderte außerdem Einsicht in die päpstliche Bulle und beschuldigte den Inquisitor daraufhin, dass er sich auch nicht an die dort angeführte Vorgehensweise gehalten hätte. Er forderte sogar dessen Verhaftung.[6]

Die Verhandlung wurde am 31. Oktober 1485 fortgeführt. Johannes Merwart konnte seine Forderung nach einer Prüfung des Vorgehens des Inquisitors gegen die Angeklagten gegen Heinrich Kramer durchsetzen, was zur Folge hatte, dass die Beschwerdepunkte anerkannt und daher bisherige Prozessverfahren für null und nichtig erklärt wurde.[7] Die sieben inhaftierten Frauen wurden an den beiden Folgetagen freigelassen, dies allerdings unter der Auflage, dass sie sich für eine weitere Untersuchung oder zur Leistung einer "kanonischen" Reinigung dem Gericht erneut zu stellen hatten. Außerdem mussten sie Bürgen stellen.[8] Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verfahrens wäre also durchaus gegeben gewesen, was auch erklärt, warum Heinrich Kramer sich noch mehrere Monate in Innsbruck aufgehalten hat.

Der weitere Verlauf

"De facto" war der Innsbrucker Hexenprozess mit der Freilassung der Angeklagten und dem vorläufigen Abbruch des Prozessverfahrens beendet. Der Prozess wurde in der Folge nicht weitergeführt oder erneut eröffnet. Noch am 31. Oktober 1485 erklärte sich Erzherzog Siegmund bereit, sämtliche Kosten, welche dem Inquisitor und seinem Gefolge entstanden waren sowie die Kosten der Einkerkerung und Bewachung der Angeklagten zu begleichen. Er stellte aber klar, dass er seine Kasse die Kosten, die aus einer Fortführung dieses Prozesses oder aus einem weiteren Prozess entstehen würden, nicht mehr übernehmen werde.[9]

Historische Bedeutung und Folgen

1586 publizierte Heinrich Kramer sein berüchtigtes Buch "Malleus Maleficarum", besser bekannt als der Hexenhammer. Die Publikation gilt heute als Folge seiner Erfahrungen mit dem Innsbrucker Hexenprozess.

Beteiligte Personen (Auswahl)

  • Heinrich Kramer († um 1505), auch bekannt als Heinrich Institoris oder Heinrich von Schlettstadt, Dominikaner, Inquisitor, Autor des Buches "Malleus maleficarum (publiziert 1586)
  • Erzherzog Siegmund von Österreich, Graf von Tirol, besser bekannt als "Siegmund der Münzreiche", war als Tiroler Landesfürst, der für Innsbruck zuständige Herrscher. Nachdem er Heinrich Kramer zunächst unterstützte, sorgte er schließlich für den Abbruch des Prozesses, entzog Heinrich Kramer seine Unterstützung und übernahm die bis Ende Oktober 1485 anfälligen Prozesskosten.
  • Georg Golser († 20. Juni 1489, in Brixen), 1464–1488 Fürstbischof von Brixen, war als solcher der für die Stadt Innsbruck zuständige Bischof, der Heinrich Kramer zunächst ebenfalls unterstützte. Er korrespondierte während des Prozesses mehrmals mit dem Landesfürsten. Vom Prozess selbst hielt er sich fern und bestellte Sigmund Saumer, damals Pfarrer von Axams, zu seinem Stellvertreter.[1] Auffällig ist, dass sich dieser wie auch Leute des Erzherzogs an den Befragungen kaum beteiligten.[10]
  • Johann Kantner, päpstlicher Notar aus der Diözese Utrecht, führte die meisten Verhöre zusammen mit Heinrich Kramer.Bei den Verhören wurde Heinrich Kramer von einigen Dominikanern unterstütz, die namentlich belegt sind, so Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg und Magister Johann von Bosbach und außerdem durch den Minoriten Johann Rosenbart und den "Schirmaister" Paul Cael (Caal).[10]
  • Johannes Merwart war ein Jurist, der als juristischer Beobachter und Verteidiger der Angeklagten nach Beginn der Hauptverhandlung im Oktober 1485 zu dieser überraschend zugezogen worden war. Nach neueren Forschungsergebnissen erfolgte seine Beteiligung an dem Prozess durch Erzherzog Siegmund "dem Münzreichen" und dessen Ratgeber.
  • Im Innsbrucker Hexenprozess wurden offiziell sieben Frauen angeklagt, die alle in Innsbruck ansässig waren: Barbara Selachin, Barbara Hufeysen, Rosina Hochwartin, ihre Mutter Barbara Röslin, Agnes Witwe Peter-Sneider, Barbara Pflieglin und Helena Scheuberin.[4]

War der Innsbrucker Hexenprozess tatsächlich ein Hexenprozess?

Literatur

  • Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485. In: Ferdinandeum Zeitschrift 1890, Folge 3, Heft 34. S. 31ff. digital
  • Manfred Tschaikner: Hexen in Innsbruck? Erzherzog Sigmund, Bischof Georg Golser und der Inquisitor Heinrich Kramer (1484-1486). In: Der Schlern 88, Juli / August 2014, Heft 7/8, S. 84-102 digital
  • Manfred Tschaikner: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485 und die Gegner des Inquisitors Heinrich Kramer: Erzherzog Sigmnund, Dr. Johannes Merwart und Bischof Georg Golser. In: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 191-219 digital[A 2]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Der Innsbrucker Hexenprozess, Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020
  2. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 26f.
  3. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 25
  4. 4,0 4,1 vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 31
  5. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 66
  6. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 67-70
  7. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 70
  8. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 71 und S. 72
  9. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 71f.
  10. 10,0 10,1 vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 32

Anmerkungen

  1. Dass die Verhandlung nciht schon am Folgetag, den 30. Oktober 1485 weitergeführt wurde, dürfte damit zusammenhängen, dass dieser ein Sonntag war.
  2. Es handelt sich bei diesem Essay um eine überarbeitete Fassung von Manfred Tschaikners Essay "Hexen in Innsbruck?